Persönlich
Meine Jugendjahre
Die ersten Wochen und Monate, daran kann ich mich aus verständlichen Gründen nicht mehr so genau erinnern, verbrachte ich am Kreuzplatz im Herzen von Baar. Das Haus stand damals da, wo heute der Rundbau der Gemeindeverwaltung steht. Ein paar Monate später zogen wir um, aber nur ein paar Meter. Im Erdgeschoss gleich gegenüber, eingeklemmt zwischen dem Maienrisli und einem Coiffeurladen. Mein Vater, gelernter Coiffeur, betrieb den Laden. Wir hatten nur ein Fenster auf die Rathausstrasse. Ich mag mich erinnern, dass wir Löcher in der Küchenwand mit Stahlwolle vermachten - wegen den Mäusen. Hinter dem Haus war ein grosser Garten. Die meiste Zeit verbrachte ich aber bei meiner Grossmutter in der Altgasse.
Die Altgasse, da wo meine Grosseltern väterlicherseits wohnten, vis-à-vis gegenüber der Zimmerei Müller, unterhalb der kath. Kirche.
Meine Mutter, eine Allenwinderin kam erst mit knapp 20 nach Baar. Sie wohnte mit ihrer Mutter, der Vater starb früh noch in Allenwinden, und ihren 6
Geschwistern auch in der Nähe der Kirche. Sie bewohnten ein grosses Einfamilienhaus. Ich mag mich nur noch an eine kleine Eisenbahnanlage im Estrich erinnern. Von damals also die spätere grosse Liebe zur Modeleisenbahn.
Als knapp Dreijähriger bekam ich mein erstes Dreiradvelo. Ein Geschenk von meinem Götti. Auf seinem Sterbebett verlangte er dies.
Eine Anekdote aus meinen frühen Jahren, ich war noch keine 3 Jahre alt. Wir wohnten damals noch am Kreuzplatz. Ich ging noch nicht in den Chindsgi. Mein Götti hatte eine Zimmerei an der Zugerstrasse da wo vor wenigen Jahren noch die Migros stand. Damals fuhr auch noch das Tram von Baar nach Zug, übrigens auch nach Ägeri und nach Menzingen. Die Tramschienen führten vor unserem Haus vorbei durchs Dorf und dann der Zugerstrasse entlang nach Zug. Mir wurde erklärt, dass der Ort der Zimmerei ganz einfach zu finden sei: Immer nur den Tramschienen entlang. Um es kurz zu machen, das Tram fuhr einmal hinter mir her das Dorf hinunter. Ich auf den Schienen, das Tram dahinter. Heute kaum mehr vorstellbar.
Noch einen: Mein Götti hatte einen grossen Schleifstein, der mit dem Fuss angetrieben wurde. Zum Teil stand derselbige im Wasser, damit er immer gut geschmiert war zum Schleifen der Werkzeuge. Wenn ich Pipi machen musste, hob mich mein Götti hoch und ich durfte mithelfen den Schleifstein zu schmieren.
Mein Götti verstarb als ich noch nicht einmal 4 Jahre alt war. Auf dem Totenbett dachte er noch an mich. Meine Grossmutter musste ihm versprechen, mir nach seinem Tod ein Dreiradvelo zu kaufen. Ich bekam es.
Mit dem Dreirad machte ich die Altgasse unsicher. Zu jener Zeit verband diese Strasse Baar mit Steinhausen. Natürlich benutzten damals, in den 40er Jahren, noch sehr wenige Autos diesen Weg. Meine Eltern wohnten damals noch immer am Kreuzplatz in Baar. Ich war tagsüber von Montag bis Freitag bei meiner Grossmutter an der Altgasse. Bis zur 2. Klasse war das so. Sie und Tante Gritli sorgten dafür, dass es mit gut ging. Für meine Begriffe jedenfalls meistens.
Dienstags und Freitags durfte ich mit meinem Grosi zusammen den Zugerbieter im Dorf verteilen. Das war an den Chilbi- Ostertagen und an Weihnachten eine lukrative finanzielle Einnahmequelle. Ich durfte die Wirtshäuser bedienen, und deren gab es damals sehr viele an der Dorfstrasse. Mein Geldsack füllte sich in diesen Tagen erfreulich.
Ich ging noch in den Kindergarten, als wir an die Friedenstrasse Nr. 10 zogen. Damals war unser Haus das letzte Haus an dieser Strasse. Heute ist dort ein Riesenquartier. Auch mein Grosi zog mit Tante Gritli dorthin.
Den Kindergarten besuchte ich fast 4 Jahre lang. Wir hatten eine Klosterschwester, Sr. Meletine, oder so hiess sie. Sie war für meine Begriffe sehr streng mit uns. Scheinbar brauchte es dies, einige von uns, nicht ich, waren wahrlich keine Engel. An schönen Nachmittagen machten wir Kindergärtner einen Spaziergang ins Riet. Ungefähr dort wo heute das neue Spital steht. Schnäggehüslisammeln war unsere Hauptbeschäftigung.
Einmal pro Monat am Mittwochnachmittag durfte ich mit Tante Gritli mit der Bahn nach Zürich fahren. Sie war Schneiderin von Beruf und fertigte für ein Damenmodegeschäft Kleider an. Dort in Zürich wurde ich von den Frauen verhätschelt, das war mir damals manchmal sehr peinlich.
Bis zum 6. Altersjahr durfte ich gratis nach Zürich mitfahren. Später dann, hätte meine Tante auch für mich eine Fahrkarte lösen müssen - hätte. Prompt fragte dann einmal ein Kondukteur nach meinem Alter. Meine Tante, die kein Billiet für mich gelöst hatte, sagte dem Mann, dass ich noch nicht 6 Jahre alt sei. Da hatte sie aber nicht mit mir gerechnet. Ich wehrte mich heftig gegen die
Angaben meiner Tante. Ich konnte doch nicht zulassen, dass man mich jünger machte. Meine Tante kam damals, so glaube ich wenigstens, noch glimpflich davon. Den Anschiss bekam ich später.
Da ich im Dezember 1942 geboren wurde, durfte ich erst mit dem Jahrgang 1943 in die erste Klasse eintreten. Soweit ich mich noch erinnern kann, hielt es unsere Erstklasslehrerin, sie war noch sehr jung, kein ganzes Jahr mit uns aus. Das lag aber sicher nicht an mir. Auf die ersten Noten war ich sehr stolz. Sie waren auch recht gut. Ich war eigentlich ein recht guter Schüler. Besonders das Rechnen liebte ich. Deutsche Rechtschreibung dann schon weniger, damit habe ich auch heute noch meine liebe Mühe.
Am Ende meines ersten Schuljahres trennten sich meine Eltern. Ich wurde von einem Tag auf den andern aus meiner gewohnten Umgebung gerissen. Ab sofort wohnte ich bei meiner anderen Grossmutter, die zugleich meine Gotte war. Für gut ein Jahr residierte ich an der Albisstrasse. Wir waren nun eine Grossfamilie. Sie schauten alle sehr gut zu mir.
Man merke, ich war bis zu diesem Zeitpunkt schon recht viel im Baarerdorf herum gezügelt worden.
Das Haus an der Albisstrasse, ein grosses 6 Zimmerhaus bot Platz für mein Onkel mit Familie 2 Erwachsene und 2 Kleinkinder, 2 Zimmerherren, meine Grossmutter, die zugleich meine Gotte war, sowie meine Mutter und ich, übers Wochenende ab Freitag stiess auch noch meine Schwester dazu. Sie war während der Woche bei einer Pflegefamilie untergebracht. Beim Schlafen wurde es dann etwas eng, 2 Erwachsene und 2 Kinder teilten sich 2 Betten.
Viele Kinder lebten in der näheren Umgebung. Es waren immer genug zum Spielen da. Ein Spielgefährte, und das begeisterte mich schon damals, hatte eine elektrische Modelleisenbahn Marke Vesa. Das war ein Erlebnis, wenn ich bei ihm mit der Bahn spielen durfte. Ich besass nur eine Blechbahn mit einem Gleisoval bei der man den Lokimotor mit einem Schlüssel aufziehen musste.
Bei Regenwetter konnte ich mich aber auch sehr viel mit meinem Stokys beschäftigen. Das war zur damaligen Zeit ein beliebter Spielzeug-Metallbaukasten, der von den Gebr. Stockmann in Luzern hergestellt wurde. Kräne, Brücken, Autos und vieles mehr, konnte man mit den Metallteilen zusammenbauen. Ab dem 5. Altersjahr lag jedes Jahr ein solcher Baukasten unter dem Weihnachtsbaum. Jedes Jahr hatte ich mehr Teile zum Bauen und daraus entstanden immer imposantere Modelle. Es gab Modelle die mit meinen kleinen Fingern recht schwierig zum zusammenschrauben waren. Dabei wurde die Geduld auf eine harte Probe gestellt. Es kam auch vor, das so ein Teil in eine Ecke flog, weil ich die Geduld verlor.
Ganz in der Nähe meines damaligen Zuhauses befand sich die Firma Dober Weinhandlung. Dort konnte man in der offen Lagerhalle, rund um die Getränkeharassen, sehr gut Versteckis spielen. Auch zum Fuss- oder Völkerballspiel trafen wir uns oft.
Es gab damals noch einen sehr beliebten aber gefährlichen Tummelplatz. Er befand sich zu jener Zeit ganz in der Nähe, man spürte ihn auch des öftern in der Nase. Im Jöchler, am Fusse des Frühberges, heute ist dort ein Tennisplatz, lag das gemeindliche Güselloch. Irgend einen interessanten Gegenstand fanden wir dort immer. Nach den Besuchen stanken wir jeweils fürchterlich.
Wie oben erwähnt, lebte auch meine Gotte in dem Haus. Einmal musste ich irgend etwas im Dorf für sie besorgen. Auf einem schmalen Weg am Bahndamm entlang, gelangte man schnell und sicher ins Dorf. Ich durfte ihr Velo, dass sie täglich für die Fahrt zu ihrem Arbeitsort zur Spinnerei Baar benutze, gebrauchen. Mit Vollgas raste ich durch das schmale Weglein. Mein Pech, ich streifte einen Gartenhagpfosten und weg war die einte Pedale. Ich hatte einen riesen Schiss, der Gotte mein Missgeschick zu beichten. Darum, Zuhause angekommen, steckte ich die Pedale an seinen angestammten Platz sie hielt gerade so recht und schlecht und verzog mich. Am Abend kam dann die blöde Ausfräglerei wegen der Pedale. Ich wusste von nichts. Ob sie's mir damals geglaubt haben?
Die Zeit die ich in der Albisstrasse verbrachte war aber nur kurz. Nach gut einem Jahr zogen wir wiederum weiter. Weit fort, direkt in die Höll! Der ehemalige Kindergarten am Lorzendamm, unterhalten von der Spinnerei bekam einen neuen Standort an der Leihgasse. Und so ergab sich für uns ein wunderschönes neues Zuhause. Eine Stube, ein Zimmer und eine grosse Küche reichte für uns vollkommen aus. Meine Mutter, eine begnadete Gärtnerin mit einem grünen Daumen, bekam dazu einen grossen Garten. Auf diesem Stück Land, konnte sie sich Stunden verweilen. Es gedeihten darin Gemüse und natürlich viele, viele Blumen. Den grünen Daumen habe ich bei meiner Geburt nicht mitbekommen. Ich bin heute eher fürs Handfeste im Garten. Dazu später mehr. Damals war Gartenarbeit eine Strafe für mich.
Am neuen Ort, Lorzendamm 10, fühlte ich mich bald sauwohl. Der Ort war ein einziger grosser Kinderspielplatz. Und zu einem Kinderspielplatz gehören auch Kinder, die hatte es damals zu Hauf. An den angrenzenden zwei Häusern gabs schon 9 Kinder so plus minus in meinem Alter. Mit einem damaligen Spielgefährten unterhalte ich noch heute wöchentlichen Kontakt. In den Häusern weiter hinten hatte es noch weitere kinderreiche Familien. Das da manchmal die Post abging war klar. Einige Müsterchen dazu später, alles kann, will und darf ich aber nicht preisgeben Datenschutz - versteht sich. Ich war schnell integriert.
Langeweile kam darum bei uns eher selten auf.
Im Lorzendamm hatten wir Kinder alles was wir zum Leben brauchten: Einen Wald zum Indianer spielen, die Lorze mit dem Buebegunte zum Baden, eine Strasse, auf der man damals noch spielen konnte, Wiesen für Fuss- und Völker- oder Grenzballball. Wir brauchten keine künstlich angelegte Spielplätze. Holzschöpfe (Foto unten) standen hinter den Häusern, ideale Orte zum Versteckis spielen. Manchmal gab es auch Krach mit einem Gartenbesitzer weil wir beim Spielen in die frisch angesäten Beete traten. Aber was tats wir waren damals schon schnell, sehr schnell. Unser Verhalten ähnelte Fluchttieren, immer auf der Hut. Sicher ist sicher!
Meistens fühlten wir uns aber rundum glücklich. Nicht, dass wir nie gegeneinander Krieg geführt hätten, auch das kam vor. Manch einer kriegte schon mal einen blauen Flecken ab. Aber auch das ging vorüber. Wir bissen auf die Zähne und weiter ging das Leben. In den meisten Fällen vertrugen wir uns bald wieder. Wir hatten einen prima Zusammenhalt und fühlten uns auch als eine spezielle Truppe im Baarerdorf - wir waren stolz Höller zu sein.
Zum Foto unten: Man beachte, damals hatten nur die hintersten 3 Häuser einen Balkon. Bei den andern Häusern wurde er später, 1955 oder 56 angebaut. Etwa zur gleichen Zeit als die Balkone angebaut wurden, bekam jede Etage eine eigene Badewamnne. Dazu mehr in einem folgenden Bericht.
Der Buebegunte 50 m nach dem letzten Höllhaus wurde von uns Kindern gerne und viel besucht. Ja es war der Ort im Sommer wo man sich traf. Hier lernte ich unter anderem das Schwimmen. Im kleinen Gunten, etwa 10 m breit, etwa 5 bis 6 m lang und je nach dem wie stark ein überstandenes Hochwasser gewütet hatte, zwischen 1 bis 2 m tief. Auf dem Grund des Wassers lag ein riesiger Mühlstein. Der hatte seine guten aber auch seine schlechten Seiten. Auf ihm konnte man im Wasser gut ausruhen, wenn der Wasserstand nicht allzu hoch war. Unangenehm wurde er, wenn wir mit Anlauf kopfüber ins Wasser sprangen und die Absprungstelle nicht richtig erwischten. Man musste immer darauf achten, dass man gut über den Mühlstein hinweg kam.
Mein bevorzugter Schwimmstil war der Hündelischwumm. Über oder unter Wasser war man damit sehr wendig und man störte einander viel weniger im Wasser, denn man brauchte weniger Platz zum Schwimmen.
Fast immer brannte ein Feuer am Buebegunte. Schon im Frühling bei nur mässig schönem Wetter hockten wir dort und schätzten ein wärmendes Feuer. Hie und da hingen Forellen über dem Feuer, frisch aus der Lorze. Ich selber habe nie einen Fisch aus der Lorze gezogen. Lebende Fische konnte ich nicht berühren, es grauste mir. Meine Kollegen aber waren wahre Weltmeister im Fischefangen von Hand. Ja es war eine richtige Leidenschaft. Am ganzen Körper voller roter Flecken, zerstochen von Bremsen, so kamen sie von der Fischfangtour zurück.
Wenn auf den Äckern in der Nähe die Kartoffeln reif wurden, stellten wir den Menüplan sofort auf Gschwelti um. Auch feine Birchermüesli hatten wir auf dem Menüplan. Beeren gab es genügend aus dem nahem Wald und die Haferflocken entwendeten wir aus dem nahegelegenen Schweinestall. Die Schweine dort wurden unter anderem mit grossen Haferflocken gefüttert. Die waren auch gut genug für uns.
Im ersten Sommer als Höller musste ich meine Unerfahrenheit mit der Sonne mit einem starken Sonnenbrand büssen. Ich musste mich einige Tage von der Sonne fern halten, so lädiert waren meine Schultern.
In einer Sache wurde ich nie ein richtiger Höller: Im Barfusslaufen. Während
meine Kameraden ohne Schuhwerk problemlos über Steine laufen konnten, gings bei mir nur mit Schuhen an den Füssen. Ja auch Fussball spielten sie ohne Schuhe und zogen dabei ihre Füsse beim Kampf Mann gegen Mann nicht etwa zurück, im Gegenteil die Kerle teilten zünftig aus. Fussball spielten wir überall: Auf Wiesen und auf Strassen, auch zwischen den Häusern wurde gespielt, dies sahen aber die Erwachsenen nicht so gerne. Vor allem dann nicht, wenn der Ball an das Fenster klatschte oder in ihre Blumen- oder Gemüsegärten flog. Da konnte es hie und da schon vorkommen dass wir wegen unverständigen Erwachsenen von einer Sekunde auf die andere abhauen mussten. Aber auch die beruhigten sich nach einer gewissen Zeit wieder.Am 1. August, gerade jetzt wieder aktuell wenn ich diesen Teilbericht schreibe, brannte beim Buebegunte immer ein gewaltiges Augustfeuer. Holz fanden wir genügend im Wald. Es konnte aber schon auch vorkommen, dass eine oder mehrere Bürdeli Holz, die in der Nähe fein säuberlich aufgeschichtet lagen, bei uns für ein anständiges Feuer herhalten mussten. Solch fehlende Bürdeli riefen dann wiederum für Unstimmigkeiten mit deren Besitzern. Also wir mussten manchmal schon aufpassen wo und wie wir uns in der Höll bewegten, denn sie, die Erwachsenen, waren allgegenwärtig. Aber um solchen unangenehmen Situationen aus dem Weg zu gehen, verlegten wir einfach nseren Spielplatz einige Häuser von etwelchen Gefahrenherden weg.
Vor unserem Haus, an der Lorze stand ein mächtiger Lindenbaum. Den benutzten wir unter anderem zum Klettern. Hoch oben hinter den Blättern versteckt, hielten wir Leute zum Narren, die unten durch gingen. An einem Faden festgemacht, legten wir einen Gegenstand auf die Strasse und hofften, das sich vorbeigehende Personen bücken würden um das Ding aufzuheben. Wir zogen dann an der Schnur und konnten uns köstlich über die verblüfften Gesichtern amüsieren.
Hüttenbauen im Wald war eine beliebte Beschäftigung in der Freizeit. Überall her holten wir die Baustoffe: Bretter und Balken. Leider gab es immer wieder Störenfriede die unsere Bauwerke beschädigten oder gar ganz zerstörten.
Indianerzelte bauen war auch beliebt. Überhaupt hatten wir es viel mit Indianern und Cowboys zu tun. Es verging fast keine Kilbi in Baar, von der wir nicht einen Käpslirevolver heimbrachten. Wir, Hans hiess er und ich verschlangen schon in der Primarschulzeit haufenweise Wildwester, Tarzan- und Rolf Touringhefte. Nichts und niemand konnte uns beim Lesen stören. Zu jener Zeit waren meistens noch die Cowboys für uns die Lieben und die Indianer die Bösen. Heute hat sich das gewaltig geändert. Ich bin ein bekennender Indianerfan geworden. Ich lese heute noch Geschichten über die Nordamerikanischen Indianer. Mit einem kleinen Beitrag unterstütze ich jährlich eine Schule für Sioux Indianer. (Wer mehr wissen möchte, hier der Link dazu:www.lakotastiftung.ch oder anklicken auf meiner Homepage-Linksammlung).
Schon zu unserer Zeit gab es Bildli zum Sammeln. Eines der ersten Sammelheftli beschrieb das Leben von Buffalo Bill, sein richtiger Name ist William Frederick Cody. Das Museum in der Stadt Cody, im Staate Wyoming besuchte ich zusammen mit meiner Frau Irma und Tochter Cornelia im Jahre 1999. Auf Wikipedia http://en.wikipedia.org/wiki/Buffalo_Bill kann man mehr erfahren über das Leben von Buffalo Bill.
Zurück zu diesem Sammelheftli, dazu gibt es eine kleine Geschichte: Wir spielten wiedereinmal Fussball. Ein Kamerad hatte das Pech und machte meinen Ball kaputt. Ich verlangte von ihm Schadenersatz.
Es war an einem Mittwochnachmittag, wir hatten Schulfrei. Mein Schuldner kam mit einem Fünfliber um mir den Ball zu bezahlen. Wir zogen etwa zu viert ins Dorf mit dem Fünfliber in der Tasche. Beim Kiosk Heinzer, der am Kreuzplatz stand machten wir Halt. Das Geld in meiner Tasche lockte. Ich kaufte mal ein paar Säckli gefüllt mit Kaugummi In dem Säckli befand sich immer auch ein Buffalo Bill Bildli. Das Sammelfieber packte mich wieder einmal und es vergingen keine 10 Minuten und wir hatten alle das Maul voller Kaugummi und ich keinen Fünfliber mehr, dafür viele interessante Bildli. Bis ich aber das Album gefüllt hatte vergingen noch einige Wochen. Fast das ganze Sackgeld legte ich in Buffalo Bill an.
Die Sammlerleidenschaft packte mich aber schon viel früher. Ich sammelte für meine NPCK-Bücher (NPCK steht für Nestlé, Peter, Cailler, Kohler). So hiess jedenfalls damals der heutige Nestlekonsern. Durch die NPCK-Büchersammlerei kam ich auch zum Fip Fop Club. Heute nennt er sich Mondoclub. 2 Mal im Jahr besuchte dieser Club uns Kinder in Baar. Später kam er nur noch nach Zug.
Eine Serie a 12 Stück bekam man wenn man Hüllen von Nestléprodukten im Wert von Fr. 8.- gebündelt zum Club brachte. Fast meine ganze Verwandtschaft half mir das Jahr über beim Sammeln. Die Bildli wurden sorgfältig in das entsprechende Buch geklebt. Ende meiner Primarschule hatte ich schon eine schöne Anzahl Bücher beisammen. Der Fip Fop Club zeigte bei seinem Besuch immer Comic-Filme im Rest. Lindenhof. Der Saal war gerammelt voll mit Kindern. Damals gab es noch kein Fernsehen!
Ach ja noch zum obigen Fünfliber: Als wir damals am späten Mittwochnachmittag nach Hause kamen begleitete ich meinen Geldspender noch nach Hause. Kaum bei seinem Haus angekommen, waren wir schon wieder auf der Flucht; Der Fünfliber hätte eigentlich in eine Getränkekasse gehört!
Die Sammelleidenschaft hat mich ein Leben lang begleitet. Bücher, Briefmarken und Fasnachtsplaketten füllen heute Regale und Kisten in unserer Wohnung.
Schnitzeljagd war bei uns hoch im Kurs. Wenn genügend Kinder beisammen waren und Zeitungen für Schnitzel , konnte so eine Jagt schon mehrere Stunden dauern. Die weiteste Jagd ging einmal über die Höllgrotte hinaus bis zur Wildenburg.
Jedes Jahr zur Kirschenzeit waren wir auf gefährlichen Pfaden unterwegs. Kein Kirschbaum in der näheren Umgebung war vor uns sicher. Unser Einzugsgebiet reichte hinauf bis zur Oberallmend. Wie Krähen, auch so laut, hockten wir auf den Bäumen und füllten unsere Bäuche. Einer von uns musste immer die Umgebung im Auge behalten, denn die Bauern hatten es mit Hunden auf Kirschendiebe abgesehen.
Eine ganz heisse Sache hatte ich einmal zu überstehen. Es war in der Mittagspause. Zuhause. Die Lorze bekam gegenüber von unserem Haus eine neue Böschung. Riesige Betonblöcke wurden dazu aufeinandergeschichtet. Dazu benutze man dazumal ein Gestell an der eine Laufkatze (Aufzug von Hand) hing mit dem die Blöcke wie mit einem Kran an seinen Platz gesetzt werden konnte. Das Gestell stand in der Lorze und war auf unserer Seite mit einem Strick am Geländer festgemacht. Wir hockten auf dem Geländer. Ich fing an, den Strick auf und nieder zu wippen. Plötzlich kippte das Ganze Gestell au unsere Seite. Dabei wurden die Beine ganz schön krumm. Ich und meine Kameraden erschraken fürchterlich. Augenblicklich verschwanden wir. Am Nachmittag mussten wir noch zur Schule. Ich konnte mich nicht konzentrieren und hatte fürchterliche Angst. Was passiert am Abend? Ich werde einfach von Nichts wissen.
Nach der Schule zu Hause. Leute von der Korporation tauchten auf und stellten Fragen ich wusste von Nichts. Irgendwie bekamen die Herren mir doch auf den Sprung. Irgend jemand verpfiff mich. Ich musste antraben und hatte grosses Glück, dass ich beweisen konnte, dass das Gestell auf der gegenüberliegenden Seite gar nicht befestigt war und darum mit wenig Aufwand auf meine Seite kippen konnte. Schwein gehabt.
Sängerknabe & Pfader
Ich war in der vierten Klasse, als ich mich den Baarer-Sängerknaben anschloss. Wir waren etwa 8 Knaben und traten in der Kirche auf. Die Kirchgänger hatten grosse Freude an unserem Gesang. Scheinbar gab es manchmal sogar Zuhörer die vor Freude Tränen vergossen.
Zur gleichen Zeit trat ich auch in die Pfadi ein.. Sie wurde vom gleichen Pfarrhelfer geleitet, der auch uns Sängerknaben betreute. Wir hatten manch schöne Stunden. Er zeigte uns an Schulfreien Nachmittagen Abenteuer- und Wildwestfilme. Als Gegenleistung mussten wir manchmal sein Vespa reinigen.
Das Pfadileben genoss ich. Uns wurde viel geboten. An den Samstagnachmittagen zogen wir los. Meistens in den Wald. Dort machten wir Kampfspiele, sangen Pfadi- und Lumpenlieder, lernten Klettern, Morsen und Kartenlesen.
In den Sommerferien erlebten wir Pfader ein interessantes und spannendes Zeltlager im Wallis. Unser Lager stand am Ufer der Rhone. Auf dem Platz stand noch eine kleine Sägerei mit einem grossen Wasserrad. Davon später mehr.
Ganz spannend war die Toilette angelegt. Wir hatten eine Knebelscheisse über der Rhone gebaut. Das funktionierte ausgezeichnet, ich glaube es war nur einmal ein Pfader ins Wasser gefallen.
Unsere Behausung, Gruppenzelte, waren ohne angenähten Boden. Die Ameisen und sonstige Plagegeister hatten unbeschränkten Zutritt. Mein Schlafsack bestand aus einem Leinentuch das auf der Seite zusammengenähten war keine Daunen, keine Luftmatratze, Natur pur.
Wir hatten grosses Wetterglück, es gab keine Niederschläge, wir hatten immer schön warm und trocken. Richtiges Campingwetter eben.
Ich machte die JP-Prüfung. JP = Jungpfader. Unter anderem wurden Knotenkenntnisse und 8 Zeichen des Morsealphabets geprüft. Und dann war da noch die Taufe. Jeder Pfader hat einen Pfadinamen. Wie ich heisse? Man gab mir den Namen Güggel weil ich krähen konnte wie ein Hahn.
Nun zum Sägewerk auf unserem Lagerplatz. Es war wiederum ein heisser Nachmittag. Wir spielten in den Badehosen. Ein Holzkänel führte Wasser zum Wasserrad. Das grosse Rad drehte sich. Aber plötzlich krachte es gewaltig. Was war passiert? Ich legte Holzstücke ins Wasser und die schwammen gegen und über das Wasserrad und plötzlich verkeilte sich ein Stück Holz und die Schaufeln am Wasserrad flogen weg. Wir verschwanden.
Einmal an einem Samstag ging die Pfadiübung bis spät in die Nacht hinein. Beim Schwarzenbachwasserfall unterhalb der Wildenburg vergruben wir eine Flasche mit einem Pergamentpapier auf dem alle Namen unserer Abteilung standen. Die Flasche wurde versiegelt und wir sangen einige Lieder bei Fackellicht. Wir hatten Hühnerhaut, überall hörte man die schaurigen Geräusche aus dem Wald und von der Burg. Denn wir wussten von den bösen Wildenburger.
Ein Jahr später gab es dann ein abruptes Ende meiner Pfadilaufbahn.
Wir waren wiederum im Pfadilager. Diesmal in Turtmanntal. Ganz in der Nähe unseres Lagers war ein kleiner, eiskalter Baggersee. Kurz nach dem Lagerbezug planschten wir schon im Wasser. Lange hielten wir es nicht aus im eisigen Wasser. Kaum war ich aus dem Wasser, bemerkte ein Kamerad, dass ich stark blutete am Fuss. Ich lief ins Lager zurück und dort stellte man eine tiefe Schnittwunde in meiner Ferse fest. Ein Arzt wurde gerufen und der musste mit einigen Stichen meine Wunde verschliessen. Drei Tag später fuhr ich ganz alleine von Turtmann über Brig, Interlaken, Luzern zurück nach Hause. Schmerzen hatte ich keine, aber ab diesem Tag fürchtete ich Spritzen wie der Teufel das Weihwasser.
Ein paar Wochen später gab ich das Pfadileben auf warum weiss ich auch nicht mehr. Eigentlich schade, es waren tolle Tage die ich bei den Pfadfindern erleben durfte.
Zu der Zeit war ich auch noch für kurze Zeit im ETV, aber das Turnen war nicht so mein Ding.
Ein Jahr später wurden auch der Sängerknabenchor aufgehoben. Ich war wieder frei, frei für weitere Taten.
Winterzeit im Lorzendamm
Das Lorzendammquartier ist auf drei Seiten mit Wald umgeben. Dies war auch zu unserer Zeit so. Das war im Sommer toll. Im Winter aber bewirkte dies, dass die tiefstehende Sonne durch die hohen Bäume noch mehr an Kraft verlor. Bei uns herrschte manchmal noch tiefen Winter, wenn im Dorf schon Frühling war. Ich hatte schon damals lieber den warmen Sommer. Sandalenwetter eben wie ich heute zu sagen pflege. Trotzdem bescherte uns der Winter viel Schönes.
Schlitteln, Skifahren und Schlittschuhlaufen waren bei uns hoch im Kurs. Wo sind die denn Ski gefahren fragt sich der liebe Leser. Nun Fahren konnten wir überall wo Schnee lag. Wir hatten den Wald mit seinen Fusswegen. Hier bauten wir uns unsere Skipisten (an trampen). Und wenn dann sogar noch ein Baumstrunk im Wege lag, war der für unsere Abfahrten ein gefundenes Fressen. Denn den konnte man hervorragend als Sprungschanze benutzen. Unser Lieblingsskigebiet war aber der Gutsch.
Der Gutsch ist die noch heute unverbaute Wiese am Ende der Oberleihgasse vis a vis dem Discounter Ottos. Dort wo man zu Fuss zu Oberallmend kommt. Hier konnten wir den ganzen Tag mit Skifahren verbringen. Hinunterfahren - Ski abschnallen, über den nahen Waldweg mit den Skiern auf dem Buckel hinauf aufs Fähnli und wieder hinunter rasen. Möglichst schnell und möglichst direkt. Unten musste man immer ganz stark bremsen (krigeln), denn dort stand - auch heute noch - eine massive Betonmauer.
Im Gegensatz zu heute, durfte man im Skigebiet Gutsch unter Androhung von Schlägen nicht Schlitteln. Dafür war einzig die Oberallmendstrasse vorgesehen.
Wir hatten verschiedene Skigebiete. Manchmal mussten wir ganz schön weit zu Fuss gehen um Ski zu fahren, unter Betonung gehen. Kondition mussten wir damals nicht büffeln, die hatten wir. Unsere Eltern hatten kein Auto. Wir wurden weder zur Schule noch zu unseren Sportplätzen gekarrt.
Übrigens - niemand in der Höll hatte damals ein Auto. Halt, da war doch jemand mit einem Auto. Ein Goggomobil sah man hie und da mit drei kräftigen Personen durch die Gegend «rasen».
Auch wer telefonieren wollte oder musste, hatte an unserer Strasse wenige Möglichkeiten. Genau genommen gab es nur deren Zwei Im drittvordersten und im dritthindersten Haus war damals ein Telefon fest installiert. Handy war ein unbekannter Begriff.
Wenn wir schon dabei sind, auch das Fernsehen war in keinem der Höllhäusern vorhanden. Fussball- oder Eishockeyweltmeisterschaften auch Skirennen sahen wir uns manchmal irgendwo in einer Beiz an, dies im Alter von ca. 19, 20 Jahren.
Wir waren beim Wintersport. Schnallenschuhe kannte man nicht. Die Schuhe waren aus Leder und mussten gebunden werden. Und genau diese Skischuhe mussten auch noch fürs Schlittschuhlaufen herhalten. Zu unserer Jugendzeit hatten die meisten Kinder noch die Drehörgelischlittschuhe. «Schliifiseli» wie wir sind auch nannten, mussten mittels eines Schlüssels seitlich an die Skischuhe festgeklemmt werden. (Bild) Immer wieder lösten sich die Dinger, denn all zu fest durfte man nicht anziehen, sonnst musste man mit einer abgerissen Schuhsohle rechnen.
Stundenlang kurvten wir auf dem Eisfeld im Lättich und auch auf der Strasse rum. Ein Stück Weges hinter den Höllhäusern, hatte es eine kleine Kiesgrube, die war meistens mit Wasser gefüllt. Auch die benutzten wir zum Hockey spielen. Aus unseren Reihen kam später ein gefürchteter Hockeytorhüter des BSC Baar. (Baarer Schlittschuhclub) Er spielte noch ohne Helm im Tor! Er kannte nichts.
Einmal, wir spielten wieder Hocke auf der Strasse. Im Tor stand Hebi, so heisst er, auch heute noch, stand da in voller Eishockeyausrüstung, Plötzlich ging einer halb bewusstlos zu Boden. Hebi traf den armen Kerl voll mit seiner Stockhand am Kien.
Aus dem BSC Baar entstand in den 60er Jahren mein Lieblingsclub - der EVZ.
Das Eis im Lättich war Natureis und wurde von der Brauerei Baar zum Kühlen des Bieres benutzt. Das Eis wurde in 1 Meter langen Blöcken ausgesägt. Als Buben stibitzten wir manchmal von dem Eis, wenn der Brauiwagen, gezogen von starken Rössern durchs Dorf zog und Bier zu den Kunden brachte.
Auf der gefrorenen Lorze laufen war auch so eine heisse Sache. Natürlich nur so lange bis einer von uns einen Schuh voll herauszog.
Schlittenrennen waren auch immer wieder ein Highlight. Beliebt war für solche Anlässe die «Neue Strasse». Die befand sich gut 300 Meter hinter dem letzten Höllhaus. Wenn diese Strasse so richtig vereist war konnte uns nichts halten. In Zweierteams rasten wir bäuchlings ohne Rücksicht auf Verluste die Strasse hinunter. Nur Siege zählten.
Aber wie heute auch, einmal geht jeder Winter zu Ende und das war bei uns in der Höll nicht anders. Und auch wir freuten uns auf den kommenden Frühling und den Sommer.
Hier geht es bald wieder weiter.